Besonders auffällig: Die Preisentwicklung bei Lebensmitteln spielte eine zentrale Rolle. Hier fiel die Jahresrate deutlich von 2,8 % im Mai auf 2,0 %. Auch die Kerninflation, die Energie- und Nahrungsmittelpreise ausklammert, sank leicht auf 2,7 %. Das geschieht vor dem Hintergrund steigender Energiepreise, die infolge geopolitischer Spannungen eigentlich Aufwärtsdruck ausüben sollten.
Im Laufe des Monats verteuerten sich Ölpreise nach Israels Angriff auf Iran, doch gaben sie gegen Monatsende wieder nach, als sich die Lage im Nahen Osten etwas entspannte. Dennoch warnte EZB-Präsidentin Christine Lagarde vergangene Woche vor möglichen Preisrisiken, sollte es zu einer Blockade der Straße von Hormus kommen. Der Preisauftrieb könnte dann „tiefgreifende und breit angelegte Sekundäreffekte“ entfalten, so Lagarde.
Im europäischen Vergleich zeigt sich ein uneinheitliches Bild. Während die Teuerung in Frankreich und Spanien im Juni leicht anzog, blieb sie in Italien stabil. Die Gesamtrate für den Euroraum wird am Dienstag veröffentlicht – Experten rechnen mit einer Bestätigung des EZB-Ziels bei rund 2 %.
Diese Entwicklung stützt die geldpolitische Linie der EZB: Anfang Juni hatte sie den Leitzins erstmals seit einem Jahr gesenkt, und die Märkte spekulieren bereits auf eine weitere Zinssenkung gegen Jahresende.
Parallel dazu sendet die Realwirtschaft gemischte Signale: Während das EU-weite Stimmungsbarometer der Europäischen Kommission eine nachlassende industrielle Zuversicht zeigt – getrieben von Handelsunsicherheiten mit den USA –, hellt sich in Deutschland die Stimmung spürbar auf. Der ifo-Geschäftsklimaindex verzeichnete im Juni einen Anstieg. Ein entscheidender Faktor dürfte dabei das angekündigte deutsche Investitionspaket sein, das Infrastruktur und Verteidigung mit frischem Geld versorgen soll.

Anne Kläs hat einen Master of Education in Französisch und Religion, ist Expertin für hochwertigen Content und beim Gewinnermagazin für das Führen von Unternehmer-Interviews verantwortlich.
