Bezeichnet Onboarding das strukturierte Eingliedern eines neuen Mitarbeiters in das Unternehmen und in seine Prozesse, so bezeichnet der Begriff Offboarding den strukturierten Prozess des Ausscheidens eines Mitarbeiters aus dem Unternehmen. Die Betonung beim Offboarding liegt auf „strukturiert“, weswegen sich auch der Begriff „Exit Management“ eingebürgert hat.
Die wichtigsten Gründe, warum kein Unternehmen auf Offboarding verzichten sollte:
Ganz gleich, ob „Offboarding“ oder „Exit Management“: Beide Begriffe weisen darauf hin, wie wichtig es für alle Stakeholder des Unternehmens ist, dass der Abschied vom Unternehmen geplant, strukturiert und gesteuert verläuft. Für alle Beteiligten – die Mitarbeitenden sowie das Unternehmen selbst und die Kollegen – ist es wichtig, dass dieser Prozess des Offboardings so transparent, stilvoll und wertschätzend wie möglich geschieht.
Warum ist der Prozess so wichtig und warum sollte man ihn in der Entscheidungsebene der HR-Abteilung verankern? Der Blick auf die unterschiedlichen Perspektiven des Offboarding mag bei der Beantwortung dieser Frage helfen.
1. Der scheidende Mitarbeiter
Ganz gleich, ob der Mitarbeitende selbst kündigt oder aber gekündigt wird – der Mensch in ihm will in jedem Fall gewürdigt werden. Zum anderen benötigt er eine transparente Anleitung, in welchen Etappen das Offboarding vor sich geht. Dazu zählt auch welche Fristen er oder sie beachten muss. Handhabt das Unternehmen den Offboardingprozess transparent, hat der Scheidende Zeit, sich darauf vorzubereiten.
2. Das eigene Unternehmen
Für das Unternehmen selbst hat der Offboardingprozess vielfältige Auswirkungen, die die unterschiedlichsten Bereiche in den Unternehmen betreffen:
Unternehmensorganisation und Projektkontinuität
Das Wichtigste für ein Unternehmen ist es, dass die internen Prozesse und Projekte reibungslos weiterlaufen. Die Kundenbeziehung darf nicht unter dem Ausscheiden des Mitarbeiters leiden. Dazu ist es wichtig, dass der betreffende Mitarbeiter sein Wissen beim Offboarding an Verantwortliche in den Unternehmen übergibt. Möglicherweise gibt es bereits einen Nachfolger. Auch die Art und Weise, wie er sein Ausscheiden Kunden gegenüber begründet, gehört mit dazu. Die Bereitschaft zum konstruktiven Mitwirken ist bei dem Scheidenden umso höher, je besser und wertschätzender er sich vom Unternehmen bei seinem Ausscheiden betreut fühlt.
Unternehmenskultur
Das Ausscheiden eines Mitarbeiters stellt für ein Unternehmen eine hervorragende Gelegenheit dar, ein ehrliches Feedback zu erhalten. Dies kann sehr wertvoll sein, um die internen Prozesse im Unternehmen zu verbessern. Auch hier gilt: Die Aussagen und manchmal auch Verbesserungsvorschläge sind umso wertvoller und authentischer, fühlt sich der scheidende Mitarbeiter wertgeschätzt. Die eigenen Mitarbeiter erkennen am Umgang mit scheidenden Kollegen, wie der Stand der Unternehmenskultur im Unternehmen ist. Sie beobachten diesen Prozess sehr genau. Offboarding kann daher als eine wichtige indirekte Maßnahme der Identitätsbildung im Unternehmen angesehen werden. Zudem stärkt ein ernst genommenes und professionell durchgeführtes Austrittsmanagement das Wir-Gefühl.
Unternehmensimage
Durch ein wertschätzendes Offboarding lässt sich Schaden vom Image des eigenen Unternehmens abwenden. Insbesondere in Zeiten sozialer Netzwerke wie Facebook oder Instagram, Karrierenetzwerke wie XING oder LinkedIn oder Arbeitgeberbewertungsportale wie Kununu können negative Äußerungen über ein Unternehmen unangenehme Folgen haben. Man kann kritische Äußerungen von Ex-Mitarbeitern nicht immer verhindern. Ein strukturiertes sowie stilvolles und wertschätzendes Offboarding kann allerdings die Bereitschaft des Ex-Mitarbeiters steigern, sich positiv über das Unternehmen zu äußern. Und wenn nicht das, dann wenigstens nicht allzu negativ.
Das Austrittsgespräch
Mitarbeiter scheiden aus den unterschiedlichsten Gründen aus. Unabhängig davon, gibt es beim Offboarding einen essenziell wichtigen Moment zwischen Kündigung und Ausscheiden aus dem Unternehmen: das Austrittsgespräch unmittelbar nach der Kündigung.
Die Bedeutung eines solchen Gesprächs kann man nicht überbewerten. Abgesehen von der Möglichkeit, in einem solchen Gespräch ein ehrliches Feedback zum Unternehmen zu erhalten, kann das Unternehmen auch zeigen, wie ernst es den Mitarbeiter in seiner Situation des Nicht-Mehr und des Noch-Nicht nimmt. Es ist am Unternehmen, die Initiative zu ergreifen. Es sollte dem scheidenden Mitarbeiter aufzeigen, in welchen Etappen sich das Offboarding vollziehen wird.
Kurz, es sollte nicht dem Mitarbeiter überlassen werden, die nächsten Schritte im Ausscheidungsprozess selbst herauszufinden oder erfragen zu müssen. Es ist die Aufgabe des Unternehmens, den baldigen Ex-Mitarbeiter proaktiv zum Beispiel darüber zu unterrichten, wann er den Laptop abgeben muss, wie lange er Zugriff auf sein E-Mail-Konto oder seine Projektunterlagen haben wird. Ferner bietet ein solches Austrittsgespräch bei besonders wertvollen Mitarbeitern die Gelegenheit, ihnen die Wertschätzung des Unternehmens auszusprechen und ihnen gegebenenfalls die Tür zur Rückkehr offenzuhalten. In Zeiten des Fachkräftemangels ist das eine nicht zu unterschätzende Chance für zukünftiges Recruiting.
Fazit: Offboarding
Offboarding ist ein wichtiger Prozess und eine Herausforderung für jedes weitsichtige Unternehmen. Die Unternehmen und hier vorrangig die HR-Abteilung sollten Prozeduren ausarbeiten, um auf die unterschiedlichsten Situationen des Ausscheidens vorbereitet zu sein. Vor allem sollten sie sich darüber bewusst sein, welche positiven Folgen ein gelungener und welche abträglichen Konsequenzen ein misslungener Austritt eines Mitarbeiters aus dem Unternehmen jeweils haben kann.
Ana Karen Jimenez ist Redakteurin beim Deutschen Coaching Fachverlag und hat ihren Bachelor in Literaturwissenschaften und Spanisch an der Eberhard Karls Universität Tübingen abgeschlossen. Sie ist in den Magazinen für lesenswerte Ratgeber und vielfältige Kundentexte verantwortlich.