Früher war beispielsweise klar, wo Unternehmen offene Stellen ausschreiben sollten. Stellenanzeigen mit regional begrenztem Einzugsbereich wurden in den Lokalzeitungen veröffentlicht, für herausgehobene Positionen standen die Stellenmärkte der Samstagsausgaben der großen bundesweit erscheinenden Zeitungen zur Verfügung. Im Internet konkurrieren zahlreiche Jobbörsen miteinander. Im Netz existiert kein Ort, an dem Unternehmen sicher sein können, alle potenziellen Interessenten zu erreichen. Der folgende Ratgeber zeigt auf, welche Möglichkeiten man für Recruiting im Netz hat und wie digitales Bewerbermanagement funktioniert.
Recruiting im Netz
Wer über die Suche nach geeigneten Kandidaten im Internet nachdenkt, denkt nahezu automatisch zuerst an Jobbörsen. Die Praxis zeigt jedoch, dass die Bedeutung dieser Portale meist überschätzt wird. Jobbörsen werden von relativ wenigen Jobinteressenten aktiv genutzt. Die Mehrzahl der Interessenten sucht direkt auf den Webseiten der Unternehmen nach Jobangeboten. Eine zweite Schwachstelle der Jobbörsen besteht darin, dass hier nur diejenigen erreicht werden können, die aktiv auf Jobsuche sind. In Zeiten des Fachkräftemangels sollte ein erfolgreiches Recruiting auch geeignete Kandidaten ansprechen, die derzeit nicht aktiv auf Jobsuche sind. Dazu bietet sich zunächst die eigene Webseite des Unternehmens an. Für ein erfolgreiches Recruiting ist ein Jobportal auf der eigenen Webseite von herausragender Bedeutung, ungefähr 90 Prozent der Online-Bewerbungen erfolgen über diese firmeneigenen Portale.
Social Media Recruiting
Wo kommen aber all die Besucher der Firmenwebseite her, die sich dort bewerben? Nur wenige große Konzerne sind in der glücklichen Lage, so viel Traffic auf der Firmenwebseite zu haben, dass fast automatisch schon genügend geeignete Bewerber darunter sein werden. Alle anderen müssen ihre dort veröffentlichten Jobangebote aktiv promoten. Zu diesem Recruiting Zweck bieten sich die Sozialen Netzwerke an, weil dort geeignete Kandidaten zielgenau angesprochen werden können.
Soziale Netzwerke kennen die Vorlieben und Interessen ihrer User sehr genau und nutzen dieses Wissen, um Anzeigen gezielt auszuspielen. Wer sich für diesen Weg entscheidet und nicht selbst in der Welt der Social Networks zuhause ist, sollte aber nicht an der falschen Stelle sparen und besser eine professionelle Beratung im Bereich Recruiting in Anspruch nehmen. Auch in den Sozialen Netzen existieren ungeschriebene Regeln des Umgangs und der Höflichkeit, die man befolgen sollte. Zu allem Überfluss unterscheiden sich diese Regeln zwischen den einzelnen Social MediaPlattformen auch noch erheblich. Was auf Facebook gut ankommt, kann beispielsweise auf Karriereplattformen wie Xing als plump und unangemessen wahrgenommen werden.
Reale und virtuelle Messen
Messen sind schon lange ein wichtiger Bestandteil des Recruitings. Der Grund dafür ist offensichtlich: Wer eine Fachmesse besucht, verfügt in der Regel auch über entsprechende Fachkenntnisse. Die Bedeutung der Messen für das Recruiting führte dazu, dass es inzwischen auch reine Recruiting-Messen beziehungsweise Karriere-Messen gibt. Diese stellen eine kostengünstige Alternative zu herkömmlichen Fachmessen dar, weil sie keine aufwändigen Messestände und keine Ausstellungsstücke erfordern.
Weil die primäre Zielgruppe solcher Recruiting Events Hochschulabsolventen sind, bedurfte es auch keiner Pandemie, um auf die Idee zu kommen, sie auch als virtuelle Events im Netz durchzuführen. Sowohl virtuelle als auch reale Recruiting-Events sollten insbesondere dann in der Recruiting Strategie berücksichtigt werden, wenn Bewerber aus Fachgebieten gesucht werden, in denen ein Mangel an qualifiziertem Personal herrscht.
Digitales Bewerbermanagement
Bewerber erwarten heute zeitnahe Antworten. Deswegen ist es von großer Bedeutung, den Recruiting Prozess zu beschleunigen, wozu in gewissem Umfang selbstverständlich auch die Digitalisierung des Prozesses gehört. Soweit eine Software dazu genutzt wird, den Personalentscheidern alle relevanten Informationen schneller zur Verfügung zu stellen und die Bearbeitung zu vereinfachen und zu beschleunigen, ist dies uneingeschränkt zu empfehlen. Ein heikles und hochgradig umstrittenes Thema ist aber der Einsatz künstlicher Intelligenz im Recruiting, die beispielsweise eigenständig entscheidet, welche Kandidaten zum Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Inzwischen werden mehrere solcher Systeme angeboten. Befürworter des Einsatzes solcher Lösungen im Recruiting argumentieren, dass sich dadurch der Auswahlprozess gerechter gestaltet, weil man subjektive Faktoren wie Sympathie oder Antipathie aufgrund des Bewerbungsfotos ausschaltet.
Kritiker weisen auf zahlreiche Beispiele hin, bei denen diese selbstlernenden KI-Systeme im Recruiting eklatant versagt haben. Einfach ausgedrückt funktionieren diese Systeme nach dem Prinzip, das zu wiederholen, was sich bewährt hat. Dabei können sie nicht zwischen zufälligen Zusammenhängen und Kausalitäten unterscheiden. In den USA sind einige Systeme wieder außer Betrieb genommen worden, weil sie rassistische Vorurteile reproduzierten. In Österreich scheiterte ein Testlauf eines KI-Systems des dortigen staatlichen Arbeitsmarktservices, weil dieses Frauen pauschal schlechter bewertete. Festzuhalten bleibt also, dass der Einsatz solcher Systeme größte Vorsicht erfordert.
Ana Karen Jimenez ist Redakteurin beim Deutschen Coaching Fachverlag und hat ihren Bachelor in Literaturwissenschaften und Spanisch an der Eberhard Karls Universität Tübingen abgeschlossen. Sie ist in den Magazinen für lesenswerte Ratgeber und vielfältige Kundentexte verantwortlich.