Als betriebswirtschaftliche Kennzahl weist die Anlagenintensität in der Bilanzanalyse einen Aspekt der vertikalen Vermögensstruktur eines Unternehmens aus. Ihr Gegenstück ist die Umlaufintensität, die den Anteil des Umlaufvermögens am Gesamtvermögen angibt.
Anlagenintensität – Bedeutung
Eine hohe Anlagenintensität wird zum Teil als Risikofaktor betrachtet. Durch das im Vergleich zum Umlaufvermögen hohe Anlagevermögen sind Unternehmen weniger anpassungsfähig gegenüber neuen Markttrends. In der Regel ist in diesem Fall ein entsprechend hoher Anteil an Eigenkapital oder langfristig verfügbarem Fremdkapital erforderlich. Dieses Kapital ist beispielsweise in Maschinen und Anlagen gebunden. Hierdurch sinkt die Liquidität des Unternehmens, was sich bei kurzfristig erforderlichen Veränderungen oder finanziellen Engpässen hemmend auswirkt. Außerdem zieht ein hohes Anlagevermögen eine stärkere Belastung durch Fixkosten – beispielsweise durch Abschreibungen und Maschinenwartung – nach sich. Unternehmen sind daher an einem niedrigen Niveau der Anlagenintensität interessiert.
Allerdings muss die Anlagenintensität auch branchenspezifisch betrachtet werden. In produzierenden Branchen wie beispielsweise im Maschinenbau, im Kraftwerkssektor oder in der chemischen Industrie kann ein geringer Wert ein Hinweis darauf sein, dass die vorhandenen Anlagen aufgrund bereits erfolgter Abschreibungen nur noch mit niedrigem Wert in der Bilanz erscheinen. Möglicherweise setzt ein solches Unternehmen veraltete Maschinen oder sogar veraltete Produktionsverfahren ein. Bilanzanalysen auf Basis der Anlagenintensität sollten daher nicht branchenübergreifend vorgenommen werden.
In der Bilanzanalyse wird die Anlagenintensität zusammen mit anderen Kennzahlen zur Beurteilung der Finanzlage eines Unternehmens in den Dimensionen Rentabilität, Kapital- und Vermögensstruktur sowie Liquidität zu beurteilen. Bei einem hohen Anteil an immateriellem Anlagevermögen – beispielsweise Patente, Rechte und Lizenzen – ist die Aussagekraft der des Wertes begrenzt.
Außerdem wird die Höhe der Anlagenintensität durch verschiedene Finanzierungskonzepte beeinflusst. Als ein Beispiel: Wenn ein Unternehmen seinen Fuhrpark kauft, gehören die Fahrzeuge zum Anlagevermögen, beim Leasing erscheinen die Kosten dafür unter den Verbindlichkeiten. Sie fließen also nicht in die bilanzierte Anlagenintensität ein, beeinflussen jedoch trotzdem die Liquidität des Unternehmens.
Formel zur Berechnung der Anlagenintensität
Berechnet wird die Anlagenintensität anhand der folgende Formel – das Ergebnis wird als Prozentwert ausgewiesen:
Anlagenintensität = Anlagevermögen x 100 / Gesamtvermögen
Das Anlagevermögen umfasst alle Gegenstände, die zum dauernden Gebrauch bestimmt sind und einem Unternehmen langfristig Nutzen bringen. Hierzu gehören Sachanlagen, immaterielle Vermögenswerte, Grundstücke und Finanzanlagen. Das Gesamtvermögen des Unternehmens wird durch die Bilanzsumme ausgewiesen. Diese umfasst alle Vermögensgegenstände – Anlagevermögen, Umlaufvermögen und gegebenenfalls vorhandene Vermögensgegenstände besonderer Art.
Alternativ kann die der Wert auch unter Einbezug der Vorräte berechnet werden. Die Vorräte werden in diesem Fall vom restlichen Umlaufvermögen separiert, da sie ebenfalls finanzielle Mittel binden:
Anlagenintensität (Anlagevermögen + Vorräte) = Anlagevermögen + Vorräte x 100 / Gesamtvermögen
Ein Rechenbeispiel
Die Bilanz eines fiktiven Unternehmens weist die folgenden Positionen auf:
- Aktiva:
-Anlagevermögen 900 Euro
-Umlaufvermögen
-Vermögen (Vorräte) 150 Euro
-Bank und Kasse 200 Euro
-Bilanzsumme 1.250 Euro
- Passiva:
-Eigenkapital 600 Euro
-Umlaufvermögen
-Rückstellungen 250 Euro
-Verbindlichkeiten 400 Euro
-Bilanzsumme 1.250 Euro
Berechnung der Anlagenintensität:
900 Euro x 100 = 72%
1.250 Euro
Berechnung der Anlagenintensität unter Einbezug der Vorräte:
(900 Euro + 150 Euro) x 100 = 84%
1.250 Euro
Anlagenintensität – Interpretation nach Branchen
Das Unternehmen aus dem angeführten Rechenbeispiel hat mit 72% eine hohe Anlagenintensität. Noch höher fällt sie aus, wenn die Vorräte aus dem Umlaufvermögen in die Berechnung einbezogen werden. Die Anlagenquote liegt dann bei 84%. Bei der Interpretation dieser Zahlen kommt es auf die Branche an – hier sind drei unterschiedliche Branchenszenarien möglich:
Szenario 1: Maschinenbauunternehmen
Die hohe Anlagenintensität weist ein hohes Anlagevermögen und damit auch einen hohen Anteil gebundenen Kapitals sowie eine hohe Fixkostenbelastung aus. Gleichzeitig ist in Betracht zu ziehen, dass dieses Unternehmen, wenn es wettbewerbsfähig bleiben möchte, darauf angewiesen ist, in neue Maschinen und Anlagen und damit auch in neue Technologien zu investieren. Sehr wahrscheinlich arbeitet es mit einem neuen, wettbewerbsfähigen Maschinenpark, was sich in einer entsprechend hohen Anlagenintensität niederschlägt. Zu empfehlen ist diesem Unternehmen, seine Anlagenintensität zugunsten seiner Liquidität – inklusive freier Mittel für Neuinvestitionen – eher moderat zu senken.
Szenario 2: Innovatives Technologieunternehmen
Das Unternehmen arbeitet in seiner Branche trendabhängig. In seinem Geschäftsmodell ist es darauf angewiesen, neue technologische Entwicklungen schnell aufzugreifen und entsprechende Innovationen auf den Markt zu bringen. Die hohe Anlagenintensität wird sich hier explizit blockierend aus. Sehr wahrscheinlich verfügt das Unternehmen nicht über genügend kurzfristige Liquidität, um solche Anpassungen vorzunehmen. Hier stellt sich außerdem die Frage nach der generellen Rentabilität und damit nach der langfristigen Stabilität der Firma. Um dieses Problem zu lösen, muss die Unternehmensleitung strategische Entscheidungen über die Ausrichtung der Firma treffen. Ein möglicher Aspekt kann hier sein, die Produktion an Auftragsfertiger auszulagern, um das Anlagevermögen zu reduzieren und generell flexibler am Markt agieren zu können.
Szenario 3: Dienstleistungsunternehmen
Für Dienstleistungsunternehmen – beispielsweise im Handel, im Handwerk oder der Beratungsbranche – sind die oben angeführten Zahlen für die Anlagenintensität nicht realistisch. Für die Dienstleistungsbranche sind niedrige Werte typisch. Zudem besteht das Anlagevermögen moderner Dienstleistungsunternehmen zu größeren Teilen in immateriellen Vermögenswerten. Eine geringe Anlagenintensität verweist bei diesen Firmen auf Liquidität, Flexibilität und eine wirtschaftliche Unternehmensführung. Hohe Werte sind im Regelfall als Indikator für vorhandene Risiken zu betrachten.
Richtwerte für die Anlagenintensität
Aufgrund der Branchenspezifik ist es nicht möglich, einen allgemeinen Richtwert anzugeben. Aus einer allgemeinen Perspektive ist in einem Rahmen von 0% bis 30% von geringen, von 31% bis 79% von moderaten und bei Werten über 80% von hohen Risiken für die Stabilität des Unternehmens auszugehen.
Ana Karen Jimenez ist Redakteurin beim Deutschen Coaching Fachverlag und hat ihren Bachelor in Literaturwissenschaften und Spanisch an der Eberhard Karls Universität Tübingen abgeschlossen. Sie ist in den Magazinen für lesenswerte Ratgeber und vielfältige Kundentexte verantwortlich.