Noch im März galt OpenAI mit seinem rasanten Fortschritt als unangreifbarer Marktführer. Nun sehen Forscher wie Thomas Wolf von Hugging Face eher eine Stagnation: „Für GPT-5 erwartete man etwas völlig Neues. Das war hier schlicht nicht der Fall.“ Kritiker wie Gary Marcus sprechen bereits von einem gescheiterten Symbol des Skalierungsansatzes. Stuart Russell, Professor in Berkeley, zieht Parallelen zur „AI-Winter“-Phase der 1980er-Jahre.
Das Grundproblem: Das simple Rezept „mehr Daten, mehr Rechenleistung“ stößt an physische und ökonomische Grenzen. GPT-5 wurde bereits auf Hunderttausenden Nvidia-Chips trainiert – doch der Nutzen fällt im Verhältnis zu den Kosten bescheiden aus. Zudem ist frei zugängliches Trainingsmaterial im Netz weitgehend ausgeschöpft, neue Fortschritte erfordern teure Lizenzdeals mit Verlagen. Altman selbst räumte ein, dass Chatbots „nicht mehr viel besser“ würden.
Forscher wie Yann LeCun fordern daher ein Umdenken: Statt immer größere Large Language Models (LLMs) zu trainieren, müsse man „world models“ entwickeln, die die physische Welt verstehen und multimodale Fähigkeiten besitzen. Diese könnten Anwendungen in Robotik oder autonomem Fahren eröffnen. Joelle Pineau von Cohere formuliert es so: „Nur mehr Rechenleistung aufzuwenden, reicht nicht.“
Der politische Tonfall hat sich ebenfalls verschoben. Unter Präsident Trump hat sich Washington von apokalyptischen AGI-Szenarien verabschiedet. Sein AI-Beauftragter David Sacks bezeichnete die Befürchtungen als „overhyped“ und sprach von einem „Goldilocks“-Moment, in dem mehrere Anbieter konkurrieren und Menschen die Richtung vorgeben. Prompt wurde der Exportstopp für Nvidias H20-Chips nach China gelockert.
Für Investoren überwiegen derweil die Wachstumszahlen. OpenAI erwirtschaftet mit ChatGPT inzwischen 12 Milliarden Dollar an jährlichen wiederkehrenden Umsätzen, SoftBank-Aktien legten um 50 Prozent in einem Monat zu, und Nvidia erreicht mit 4,4 Billionen Dollar Marktkapitalisierung fast ein Rekordhoch. Statt auf den Durchbruch zu Superintelligenz setzen Kapitalgeber auf handfeste Geschäftsmodelle und eingebettete Anwendungen in Unternehmen.
Damit hat sich der Charakter des Wettbewerbs verschoben: GPT-5 markiert nicht den Durchbruch zur AGI, sondern den Übergang zu einer Phase, in der KI als Infrastruktur verstanden wird.